- Staël
- Staël[stal],1) Anne Louise Germaine Baronin von Staël-Họlstein, geborene Necker ['nɛkər, französisch nɛ'kɛr], genannt Madame de Staël [ma'dam də -], französische Schriftstellerin schweizerischer Herkunft, * Paris 22. 4. 1766, ✝ ebenda 14. 7. 1817; Tochter von J. Necker und der schweizerischen Schriftstellerin Suzanne, geborene Curchod de Nasse (* 1739, ✝ 1794). In ihrer Jugend wurde sie stark von J.-J. Rousseau beeinflusst und erhielt eine Fülle von Anregungen im Salon ihrer Mutter; die harmonische Verbindung von Intellekt und Gefühlsleben wurde früh zur Leitidee ihrer Auseinandersetzung mit der Zeit und der Kern der gesellschaftlichen und politischen Utopien, die sie ebenso den traditionellen Monarchien wie dem revolutionären Despotentum Napoleons I. entgegensetzte. 1786 heiratete sie den schwedischen Diplomaten Erik Magnus Baron von Staël-Holstein (* 1749, ✝ 1802) und unterhielt in Paris einen bedeutenden Salon, in dem einflussreiche Persönlichkeiten der politischen und intellektuellen Welt verkehrten. Vor der jakobinischen Radikalisierung der Französischen Revolution floh sie 1792 ins Exil nach Schloss Coppet am Genfer See. Dorthin zog sie sich in der Folge mehrmals vor politischen Verfolgungen zurück. 1800 erschien ihr erstes bedeutendes Werk, »De la littérature considérée dans ses rapports avec les institutions sociales« (1800; deutsch »Über Literatur, in ihren Verhältnissen mit den gesellschaftlichen Einrichtungen und dem Geiste der Zeit«, 2 Teile), in dem sie eine analytische und historische Betrachtung literarischer Werke forderte und damit Tendenzen der modernen Literaturkritik vorwegnahm. Ihre beiden Romane »Delphine« (4 Bände, 1802; deutsch, 5 Teile) und »Corinne, ou l'Italie« (2 Bände, 1807; deutsch »Corinna, oder Italien«) sind frühe Zeugnisse sowohl romantischer Lebens- und Literaturauffassung als auch weiblichen Selbstständigkeits- und Glücksanspruchs. 1803 wurde sie als aktive Gegenerin Napoleons aus Paris verbannt, bereiste Deutschland und Italien und trat u. a. mit Goethe, Schiller, C. M. Wieland sowie mit A. W. und F. Schlegel und mit dem italienischen Dichter V. Monti in Verbindung. Aus diesen Kontakten heraus entstanden ihre bedeutendsten Arbeiten, v. a. die Schrift »De l'Allemagne« (3 Bände), die, 1810 auf Befehl Napoleons konfisziert, 1813 in London erschien (deutsch »Deutschland«) und den französischen Lesern die weitgehend unbekannte deutsche Kultur und Geschichte erschloss; das Werk ermöglichte die entscheidende Wirkung der deutschen Romantik auf die französische Literatur und prägte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts das Deutschlandbild der Franzosen. Von 1805 an wurde Schloss Coppet zu einem kosmopolitischen Zentrum der europäischen liberalen Intelligenz, wo man gemeinsam versuchte, die geistigen und politischen Grundlagen des 19. Jahrhunderts zu legen. Dort versammelten sich u. a. neben B. Constant de Rebecque, mit dem Madame de Staël (1794-1811) eine wechselvolle Beziehung unterhielt, A. W. Schlegel, G. de Barante und J. C. L. Simonde de Sismondi auch zahlreiche Gelegenheitsgäste wie F. Schlegel, G. Byron, F. R. de Chateaubriand, Z. Werner und andere.Madame de Staël war eine der bedeutendsten Figuren des französischen Geisteslebens in der Übergangszeit von der Aufklärung zur Romantik, deren europäischer Charakter wesentlich von ihr und dem Kreis von Coppet geprägt wurde.Weitere Werke: Lettres sur les ouvrages et le caractère de J.-J. Rousseau (1788; deutsch Über Rousseaus Charakter und Schriften); De l'influence des passions sur le bonheur des individus et des nations (1796; deutsch Über den Einfluß der Leidenschaften auf das Glück ganzer Nationen und einzelner Menschen); Considérations sur les principaux événements de la Révolution française. .., 3 Bände (herausgegeben 1818; deutsch Betrachtungen über die vornehmsten Begebenheiten der französischen Revolution); Dix années d'exil (herausgegeben 1821; deutsch Zehn Jahre der Verbannung).Ausgaben: Œuvres complètes, 17 Bände (1820-21); Correspondance générale, herausgegeben von B. W. Jasinski, auf mehrere Bände berechnet (Paris 1960 folgende).R. de Luppé: Les idées littéraires de Madame de S. et l'héritage des lumières. 1795-1800 (Paris 1969);E. Sourian: Madame de S. et Henri Heine (Paris 1974);C. Herold: Madame de S. Herrin eines Jh. (a. d. Amerikan., Neuausg. 1980);G. de Diesbach: Madame de S. (Paris 1983, Nachdr. ebd. 1997);E. Fiorioli: Madame de S. e A. W. Schlegel (Verona 1983);R. Winegarten: Mme. de S. (Leamington Spa 1985);E. Behler: Frau von S. in Weimar (1992);S. Balayé: Madame de S. Écrire, lutter, vivre (Genf 1994);B. Maeder-Metcalf: G. de S. romancière. Ein Beitr. zur Gesch. des frühromant. Romans (1995);G. Barudio: Madame de S. u. Benjamin Constant (1996).Zeitschrift: Cahiers staëliens (Paris 1962 ff.).2) Nicolas de, französischer Maler russischer Herkunft, * Sankt Petersburg 5. 1. 1914, ✝ (Selbstmord) Antibes 16. 3. 1955; lebte ab 1938 in Frankreich. Staël malte ab 1942 Landschaftsbilder und Stillleben mit klar gebauten, starkfarbigen Flächenformen (Spachtelschichten) vor meist monochromen Hintergründen. Ab 1952 suchte er Abstraktes und Gegenständliches zu einer Synthese zu verbinden, z. B. in der Serie der Fußballspieler oder in fein nuancierten Grisaillen.N. de S., bearb. v. I. Monod-Fontaine, Ausst.-Kat. (Paris 1981);N. de S. Rétrospective de l'œuvre peint, bearb. v. J.-L. Prat, Ausst.-Kat. (Saint Paul 1991);A. Chávez: N. de S. Die späten Werke (1996).
Universal-Lexikon. 2012.